§. 73. Die ñreuzzñge.
199
So entstand die große Bewegung der Kreuzzüge, die mit
Unterbrechungen an zwei Jahrhunderte lang dauerte. Bisher
hatte die morgenländische christliche Welt von dem Andrange
des Mohammedanismus oft schwer zu leiden gehabt und sich
nur mit Mühe erhalten können: jetzt, bei der Auflösung des
Chalifenreiches, wurde die abendländische Christenheit der
angreifende Theil, dem jedoch der Mohammedanismus nicht
auf die Dauer unterlag.
Nachdem erst ein ordnungsloser Haufe unter der Anfüh-
rung Peters, dessen Eifer die Ausrüstung des Hauptheeres
nicht hatte abwarten können, theils in Ungarn und in der
Bulgarei, vollends aber in Kleinasien auf elende Weise zu
Grunde gegangen war, begann im folgenden Jahr
1096 der erste Kreuzzug unter der Anführung des Herzogs von
Niederlothringen, Gottfrieds von Bouillon, und
anderer Fürsten. Unter unzähligen Mühseligkeiten, nach
schweren Kämpfen, Entbehrungen und Verlusten kam das bis
auf den zehnten Theil zusammengeschmolzene Heer im heili-
gen Lande an, wo es nach 39tägiger Umlagerung
1099 Jerusalem im Sturm eroberte und das König-
reich Jerusalem gründete, dessen erster König Gott-
fried von Bouillon wurde, obgleich er aus Demuth nur
„Beschützer des heiligen Grabes" heißen wollte. Auch die
christlichen Fürstenthümer A n t i o ch i ci und Ed essa wur-
den auf diesem Zuge gestiftet.
Die Behauptung Palästinas erforderte aber fortwäh-
rende Kämpfe und daher beständigen Zuzug aus dem Abend-
lande. Das neue Königreich wurde von allen Seiten be-
drängt, und da auch die christlichen Heerführer häufig durch
Eifersucht entzweit waren und allmählig der Muth erkaltete,
so kam es, daß zuerst Ed essa wieder an die Sarazenen
verloren gieng. Dieser Verlust bewog das Abendland zum
zweiten K r e u z z u g e, an welchem auch die Deutschen
(unter Kaiser Konrad Iii) Theil nahmen, der aber keine
bleibenden Folgen hatte.
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Extrahierte Personennamen: Peters Gottfrieds_von_Bouillon Demuth Konrad_Iii Konrad
236
§. 86. Das Reich der Osmanen.
Io Das Reich der Osmanen.
§. 86. ^Äls von den Mongolen auch das obengenannte Seld-
schuckenreich (§. 85) vernichtet wurde, gründete Osmarr,
ein Vasall des seldschuckischen Sultans, in Bithpnien
1289 die osmanische oder türkische Herrschaft. Schon
Osman selbst eroberte Brusa; sein Sohn Urchan schuf
das mehrere Jahrhunderte hindurch stets siegreiche Fuß-
volk der I a n i t sch ar e n, diesen Kern des osmanischen
Kriegswesens, und faßte durch die Einnahme von Galli-
poli 1357 den ersten Fuß in Europa.
Dessen Nachfolger Murad l nahm 1361 Adrianopel
und dehnte seine Eroberungen bis Servien und Bulgarien
aus; Bajaftld I unterwarf dann die übrigen slavischen
Länder an der Donau, besiegte die Ungarn und drang so-
gar bis Steyermark vor. Als er seine Eroberungen in
Asien weiter fortsetzen wollte, stieß er auf T i m u r' s furcht-
bare Macht, erlag ihr 1402 und starb in der Gefangen-
- schaft.
Nach dem Verfall der tartarisch-mongolischen Herrschaft
stellte im osmanischen Reiche der wilde Muhammed I die
Einheit und Ordnung wieder her. Sein Sohn Murad Ii
legte dem griechischen Kaiser Tribut auf und besiegte die
Ungarn und Polen in der entscheidenden Schlacht bei
Varna (1444), durch welche der Grund aller osmanischen
Größe gelegt wurde; aber sein Versuch, weiter in das Land
der Christenheit vorzudringen, scheiterte an dem ausdauernden
Muthe Iohann's Hunpades (s. §. 83) und an
der ruhmvollen Tapferkeit des Georg Caftriota oder
Scanderbeg, der den königlichen Thron seiner Väter in
Albanien (Epirus) wieder aufgerichtet hatte, und sich nach
Murad's Tode gegen dessen Sohn und Nachfolger, den
wilden Muhammed Ii, noch lange als ein Hauptschild der
Christen wider die Türken erwies, obgleich er selbst im Islam
erzogen worden war. (Er hatte nämlich unter jene Christen-
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Extrahierte Personennamen: Muhammed Georg_Caftriota Muhammed
Extrahierte Ortsnamen: Bithpnien Europa Bulgarien Donau Ungarn Steyermark Asien Ungarn Polen Varna Albanien Epirus
254 tz. 90. Die Kämpfe Habsburg's mit Frankreich.
So war, wenn auch nicht Deutschlands, doch Habs-
bur g ' s Einfluß aufjtalien gesichert, und Karlv
empfieng zu Bologna die italiänische sowohl, als die römi-
sche Krone. Er war der letzte deutsche Kaiser, der zu einer
römischen Krönung gelangte.
Hierauf brach die oben (§.89) schon berührte, für ganz
Deutschland, insbesondere für das österreichische Haus so
gefährliche Türkennoth aus; aber ob sie gleich die beiden
Male glücklich abgewendet wurde, so blieb doch Ungarn
in den Händen der Türken, die es als Vasallenreich be-
handelten, und Ferdinand konnte aus Mangel an Geld es
incht wieder erobern.
Auch Nordafrika hatten sich die Türken schon unterworfen,
und H a r a d i n, auch Barbarossa genannt, der sich in Algier
festgesetzt hatte, beunruhigte auf Antrieb des Sultans das
ganze Mittelmeer durch seine Seeräubereien, ja er machte sich
durch List auch zum Herrn von Tunis. Daher unternahm
Karl gegen ihn
1335 den Zug nach Tunis, eroberte es und gab es seinem
früher» Besitzer unter spanischer Hoheit zurück, wurde aber
durch den dritten Krieg mit Franz von weitern Un-
ternehmungen abgehalten. Franz war nämlich, um Mailand
zu erobern, in Savoyen eingebrochen; um ihn nun aus die-
ser Stellung zu bringen, fiel der Kaiser in Frankreich ein,
wurde aber durch Mangel und Krankheiten genöthigt, sich
wieder zurückzuziehen, während Franz nun gegen alle christ-
lich-politische Ordnung ein offenes Bündniß mit den
Türken eingieng. — Nachdem endlich dieser Krieg durch
einen Waffenstillstand beigelegt worden war, unternahm Karl
den Zug nach Algier, wohin sich Haradin zurückgezogen
hatte; aber furchtbare Herbststürme zerstörten seine Flotte und
Karl mußte die Unternehmung aufgeben.
^a unterdessen in Deutschland, ungeachtet des Nürnberger
Friedens die rechtliche Stellung der Protestanten noch sehr
unsicher war, so lag den schmalkaldischen Bundesgenossen alles
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Barbarossa Barbarossa Karl Karl Franz Franz Franz Franz Franz Franz Karl Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschlands Bologna Deutschland Nordafrika Algier Tunis Tunis Mailand Savoyen Frankreich Algier Deutschland
$. 102. Die Schwäche des deutschen Reichs. Ü05
Besonders brachte das ehrgeizige Streben des sächsischen
Kurhauses nach der polnischen Krone dem Reiche nur Scha-
den , wie sich das schon im nordischen Kriege gezeigt hatte
und bald darauf noch deutlicher zeigen sollte. — Nachdem
Kaiser Karl Vi in demselben Jahre, da der nordische
Krieg beendigt wurde, in einem Frieden mit den Türken
(die den Krieg wieder erneuert hatten, aber vom Prinz
Eugen bei Peter Wardein und bei Belgrad be-
siegt worden waren) in den Besitz von Bosnien, Ser-
bien und eines Theiles von Croatien und der Walla-
chei gekommen war, und gleich darauf (bei Gelegenheit
einer durch Spanien veranlaßten Friedensstörung) in einem
Vertrage Sizilien für Sardinien von dem Herzoge von
Savoyen eingetauscht hatte, — so veranlaßte nach einem
13jährigen europäischen Frieden der Tod Augusts Ii von
Polen
1733 —1733 den polnischen Grbsolgekrieg.
Der von den Polen gewählte Stanislaus Lescinsky
wurde nämlich von den Russen vertrieben und August Iii
von Sachsen eingesetzt. Weil nun der Kaiser seine Ein-
willigung dazu gegeben hatte, so kündigte Frankreich in
Verbindung mit Spanien und Sardinien dem Kaiser den
Krieg an und besetzte Lothringen und die kaiserlichen Länder
in Italien. Da sah sich der Kaiser wegen schlechter Ver-
fassung des Heeres und der Finanzen genöthigt, im Frieden
nicht nur Lothringen als Lehen an Stanislaus
Lescinsky und nach dessen Tode als Eigenthum an
das begehrliche Frankreich zu überlassen, son-
dern auch sogar Neapel und Sizilien an die spa-
nischen Bourbonen abzutreten und sich mit Par-
ma und Pia een za zu begnügen.
Für diese großen Opfer erhielt er bloß die Anerkennung
der pragmatischen Sanetion d. h. des'hausgesetzes,
daß in Ermangelung eines männlichen Erben die gesammte
österreichische Erbschaft ungetheilt auf die weibliche Linie
übergehen solle. Karls Versuch, sich für jene Verluste in
20
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Extrahierte Personennamen: Karl_Vi Karl Eugen Eugen Peter_Wardein Augusts Stanislaus_Lescinsky August Stanislaus
Lescinsky Karls Karls
Extrahierte Ortsnamen: Belgrad Bosnien Spanien Sizilien Sardinien Polen Polen Sachsen Frankreich Spanien Sardinien Lothringen Italien Lothringen Frankreich Neapel Sizilien
312
H. 105. Die Fürsten und Völker
reich reizte die Türken zum Kriege gegen Rußland an. Die-
ser war Rußland darum erwünscht, weil dadurch den Polen,
deren Unterjochung es sich zum geheimen Ziele gesetzt hatte,
die türkische Hülfe entzogen wurde. Als die Russen siegreich
in der Türkei vordrangen und die Krimm, Wallach ei
und Moldau eroberten, und dabei sowohl Frankreich, als
England unthätig zusah, so fand es Friedrich für gut,
sich Katharinen zu nähern, und so geschah's, daß
Rußland ungehemmt Polen besetzen konnte. Da nun Österreich
einseitig keinen Krieg gegen Rußland wagen konnte, so
„folgte es der preußischen Politik, wie Preußen der russischen
folgte", die nun einmal Polen wollte. Auf den
Grund alter Ansprüche brachte man
1772 die (erste) Theilrurg Polens in Vorschlag, und Öster-
reich nahm den dargebotenen Vortheil an. Die drei Mächte
besetzten den dritten Theil Polens in der Art, daß Österreich
davon Ostgallizien und Lodomirien, Preußen West-
Preußen und den polnischen Netzdistrict, Rußland
endlich (gegen die Herausgabe der Moldau und Wallachei)
das Land bis an die Düna und den Dnjepr sich zu-
eignete. Damit aber die Form des Rechts nicht fehle, so
wurde der polnische Reichstag gezwungen, seine Einwilli-
gung dazu zu geben.
Das übrige Polen blieb durch die bedrückende Will-
kür seines Adels, so wie überhaupt durch seine schlechte
Verfassung stets in abhängiger Stellung und einer spä-
tern weitern Zerstückelung Vorbehalten. — Zm fortgesetzten
Kriege Rußlands mit der Türkei errang ersteres die freie
Schifffahrt auf allen türkischen Meeren.
Die deutsche Kaiserwürde bekleidete seit 1764
Joseph !l, indessen seine Mutter, die edle Maria The-
resia , nach ihres Gemahls Tode die Regierung der österrei-
chischen Erblande zum Wohl ihrer Unterthanen bis an ihr
Ende behielt.
Joseph H, der sich Friedrich den Großen zum Muster
nahm, war von dem thätigsten Eifer belebt, seine Unter-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Joseph_!l Maria_The- Maria Joseph_H Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Polen Frankreich England Theilrurg_Polens Polens
§. 99. Frankrelchslübergewicht. 295
unter andern auch wider alles Völkerrecht mitten
im Frieden
1661 Straßburg dem deutschen Reiche raubte! Daß
dieß geschehen durfte, bezeichnet recht eigentlich die damalige
Ohnmacht Deutschlands und seiner Fürsten.
Der deutsche Kaiser hätte zwar gerne diese Ungerechtig-
keiten abgewehrt; aber er mußte in einem Waffenstillstände
dem französischen Könige alles Geraubte bewilligen, weil er
selber sammt dem ganzen deutschen Reiche auf einer andern
Seite in noch größerer Noth war, indem
1683 Wien von den Türken belagert wurde, die durch
Ungarn in Deutschland eingebrochen waren. Vornehmlich
dem unverhofften Beistände des edlen Königs Johann
Sobiesky von Polen hatte Deutschland die Befreiung
von diesem Erbfeinde der Christenheit zu danken.
Obgleich Ludwig auf diese Weise Frankreich nach Außen
vergrößerte, so schwächte er es doch im Innern, durch star-
ken Abgabendruck und vorzüglich dadurch, daß er ihm
1688 durch die Aufhebung des Gdicts von Nantes
700,000 gewerbfleißige Protestanten entzog, die, um den
gewaltsamen Bekehrungen (Dragonaden) und grausamen
Verfolgungen zu entgehen, aus Frankreich auswanderten,
und in andern Ländern, besonders aber von dem Kurfürsten
von Brandenburg, willige Aufnahme fanden. Zu diesem
grausamen Schritte veranlaßte den König theils seine, mit
ihm von leichtsinniger Sittenverletzung zur heuchlerischen
Frömmelei übergegangcne Umgebung, theils sein Bestreben,
sich, dem päpstlichen Stuhle gegenüber (mit dem er durch
die von seiner Geistlichkeit 1682 auf seinen Betrieb ausge-
stellten vier Artikel der gallikanischen Freihei-
ten in Verwicklung gerathen war) als rechtgläubig auszu
weisen.
Um zu weitern Ländererwerbungen zu gelangen, begann
Ludwig, von Louvois getrieben, auf's Neue Krieg gegen
Österreich, Holland und Spanien, worin die
Franzosen zunächst wieder (von 1688 an) die Pfalz
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Extrahierte Personennamen: Königs_Johann
Sobiesky_von_Polen Johann Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Louvois
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Ungarn Deutschland Deutschland Frankreich Nantes Frankreich Brandenburg Holland Spanien
§. 83. Ungarn.
231
Im 12. Jahrhundert wurde Ungarn von Thronstreitig-
leiten und bürgerlichen Kriegen zerrüttet, während welcher
das königliche Ansehen sank, und der Adel (die Magna-
ten) große Vorrechte sich anmaßte. — Unter Geisa Ii
(1141 — 1161) wanderten Deutsche aus den Niederlanden
ein und ließen sich in Siebenbürgen nieder, wo sie unter dem
Namen Sachsen ihre Sprache und Sitten beibehielten. —
Gegen die Mitte des 13. Jahrhunderts wurde Ungarn von
den Mongolen verheert, darauf aber von König Bela Iv
(1235 — 1270) durch deutsche Ansiedler und durch Begünstigung
der Städte wieder gehoben.
Bis 1301 war Ungarn ein Erbreich unter der arpa-
dischen Dynastie. Nach dem Erlöschen derselben wurde
Ungarn ein Wahlreich und kam an einen König aus
dem Hause Anjou von Neapel, dessen Sohn, Ludwig
der Große, ruhmvolle Kriege führte, und, als er die
Krone Polens erhielt (§. 82), Ungarn auf eine hohe Stufe der
Wohlfahrt hob. Durch seine Tochter und Nachfolgerin er-
hielt deren Gatte, der nachmalige Kaiser Sigmund,
nach diesemalbrecht von Österreich, dann der polnische
König Wladislav die Krone von Ungarn.
Hierauf kam das Land unter die vormundschaftliche
Regierung des Fürsten von Siebenbürgen, Johann Hu-
nyades, der durch seine große Tapferkeit 1456 Ungarn,
diese Vormauer der Christenheit gegen die Tür-
k e n, rettete. — Nach seinem und des jungen Königs Tode
wählten daher die Ungarn seinen Sohn Matthias Cor-
vinns (1458 — 1400) zu ihrem Könige. Er war gleich
ausgezeichnet als heldenmüthiger Feldherr, wie als weiser
Staatsmann. Er kämpfte glücklich gegen die Türken, unter-
warf sich die M o l d a u und Walachei, nahm den Böh-
men — Mähren, Schlesien und die Lausitz, so wie dem
deutschen Kaiser Friedrich Iii viele Orter in Österreich und
Steyermark. Dabei beförderte er in Ungarn die Bildung durch
Berufung von Gelehrten, Errichtung einer Universität und
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Extrahierte Personennamen: Ludwig
der_Große Ludwig Johann_Hu- Johann Matthias_Cor- Friedrich_Iii Friedrich
§. 86. Das Reich der Osmanen.
237
kinder gehört, die alle fünf Jahre im osmanischen Reiche aus-
gehoben und im Islam erzogen wurden, und von denen ein
Theil zu niedrigen Diensten, ein Theil zu Ianitfcharen be-
stimmt wurde, — die begabtesten aber in den Serai's in
strenger Zucht heranwuchsen und dann entweder in die ersten
Schaaren der Pforten-Sipahi's, d. i. der kaiserlichen Leib-
wache oder in die Klaffe der Staatsbeamten eintraten. Auf
dieser Einrichtung beruhte die Hauptkraft der osmanischen
Macht: denn bis gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts hin
bestund das Heer der Ianitfcharen, so wie die Klasse der
höhern Staatsbeamten, nur aus jenen christlich geborenen
und im Serai erzogenen Sclaven, und daß man nachher von
diesem echt türkischen Grundsatz abgieng, war eine von den
Hauptursachen, welche diesen Staat allmählig in Verfall
brachten.)
Jener Znuhamrned Ii war es alsdann, der dem schwa-
chen Überreste des griechischen Reichs dtzrch die Eroberung
von Constantinopel 1453 (s. §. 84 a. E.) ein Ende machte,
nach Scanderbeg's Tode 1467 Albanien in Besitz nahm, das
türkische Reich vollends befestigte und cs durch ein Gesetzbuch
ordnete. Von nun an wurde die T ü r k e n m a ch t durch ihre
beständigen verheerenden Streifzüge nach Ungarn und Öster-
reich für die Christenheit eine furchtbare Geisel. Das schöne
Land der unterjochten Griechen aber wurde durch den wil-
den Sinn seiner kriegerischen Bezwinger zum größten Theil
fast eine menschenleere Wüste. Während die vornehmen
Griechen meist vor ihren Unterdrückern krochen, lebte das
gemeine Volk in tiefster Armuth und Knechtschaft, und nur
auf den Inseln erhielten sich Reste der edleren griechischen
Natur.
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§. 89. Fortgang der Reformation.
249
gründet sey und der wahre Glau-e sich von poli-
tischen Absichten rein erhalten müsse. Die evan-
gelischen Stände sahen das ein, und traten aus „reiner, groß-
artiger Gewissenhaftigkeit" von jedem gewaltthätigen Vor^
haben ab.
Wie sehr gut aber Luther Geistliches und Weltliches
zu scheiden wußte, ersteht man aus seinem Aufruf an die
Fürsten, daß sie die dem deutschen Vaterlande von den
Türken furchtbar drohende Gefahr gemeinsam durch das
Schwert abwehren und Gott zu Ehren mit ihrem Kaiser
in den Krieg ziehen sollten. Schon waren nämlich die Tür-
ken unter Soliman Ii, nachdem sie 1521 Belgrad er-
obert und 1526 die Ungarn bei Mohacz besiegt hatten,
1529 in Deutschland eingedrungen und belagerten Wien.
Doch ehe noch das deutsche Hauptheer dort anlangte, be-
wog die ansdauernde Vertheidigung der Stadt die Türken
zum Abzug.
Als hierauf der Kaiser, der unterdeß während einer
neunjährigen Abwesenheit durch glückliche Kriege gegen den
französischen König Franz und durch Beilegung seiner Irrun-
gen mit dem Papste sein Übergewicht in Italien befestigt hatte
(s. §.90) persönlich wieder nach Deutschland zum bevorstehen-
den Reichstag zu kommen im Begriff war: so beschloßen die
protestantischen Stände öffentlich darzuthun, daß sie keine
neue Kirche stiften, sondern nur die alte gerei-
nigt wieder Herstellen wollten. Sie übergaben daher
dem Kaiser
1330 auf dem Reichstage zu Augsburg ihr Glaubens-
bekenntniß, das — auf den Grund von 13 Artikeln Luthers
in Übereinstimmung mit der heiligen Schrift und mit den drei
ältesten Kirchenbekenntuissen — von M e l a n ch t h o n auf das
gewissenhafteste und wohlerwogenste abgefaßt war, und von
nun an den Namen Augsburgische Confession erhielt,
auf welche die lutherische Kirche gegründet ist.
Der Kaiser ließ zwar eine „Widerlegung" derselben ab-
fassen; aber die lutherischen Stände ließen dagegen eine
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Extrahierte Personennamen: Franz Franz
Extrahierte Ortsnamen: Belgrad Ungarn Deutschland Wien Italien Deutschland Luthers
302 tz. 10í. Schwedens Fall und Rußlands Erhebung.
sich nach der Ukräne, wo er vergebens die Hülfe der Kosa-
ken erwartete, und Mangel und Winterkälte und beständige
Angriffe der Russen sein Heer so schwächten, daß er von
Peters überlegener Macht
1709 in der Schlacht bei Pultawa gänzlich geschlagen
wurde und in die Türkei fliehen mußte.
Dort aber bewog er die Türken zu einem Kriege mit
Rußland, und als Peter deßhalb in die Moldau einrückte,
wurde dieser von ihnen am Pruth so eingeschlossen, daß er
verloren gewesen wäre, wenn ihn nicht seine entschlossene
Gemahlin Katharina durch Bestechung des türkischen Ve-
ziers und durch Verzichtleistung auf Asow befreit hätte.
Nachdem Karl Xii sich noch einige Jahre lang in ei-
nem festen Lager bei Bender (inder jetzigen südruffischen
Provinz Bessarabien) aufgehalten hatte, ohne die Türken
wieder zum Krieg gegen Rußland bringen zu können, kehrte
er endlich rasch nach Schweden zurück: denn unterdeß hatte
August wieder den polnischen Thron eingenommen, Peter
Finnland erobert, Dänemark und Preußen aber einen Theil
der schwedisch-deutschen Länder in Besitz genommen. Muthig
widersetzte sich Karl allen gegen ihn verbündeten Mächten,
zu denen sich nun auch England gesellte; da er sich ganz
auf Schweden zurückgedrängt sah, fiel er zweimal in Nor-
wegen ein, fand aber zuletzt bei der Belagerung von
Friedrichshall 1718 durch einen meuchelmörderischen
Schuß seinen Tod.
In den darauf folgenden Friedensschlüssen mit Däne-
mark , Preußen und Hannover verlor Schweden alle
seine Länder in Deutschland bis auf einen Theil
von Pommern, und im Frieden mit den Russen Liesl and,
Esthland, Ing ermannland nebst einem Theile von Finn-
land, und dadurch sowohl, als auch durch innere Partei-
ungen seine ganze vorige Bedeutung.
Dagegen wurde durch diesen Krieg Rußland die erste
Macht im Norden, und Peter der Große, der nun
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Extrahierte Personennamen: Peters Peter Katharina Karl_Xii Karl Bender August Peter
Finnland Karl Karl Peter_der_Große
Extrahierte Ortsnamen: Schwedens Schweden Nor- Hannover Schweden Deutschland Pommern Esthland